In der Bundesrepublik gibt es eine auffällige Diskrepanz zwischen der hier lebenden jüdischen Minorität und der großen symbolischen Bedeutung, die ,den Juden' zukommt. Während diese symbolische Bedeutung durchaus ein Faktor im öffentlichen Bewusstsein ist, wird eine Begegnung mit Jüdinnen und Juden im Alltag kaum erlebt. Das liegt an der geringen Größe der jüdischen Bevölkerung, aber auch daran, dass Jüdinnen und Juden nicht erkennbar sind."Und nach dem Holocaust?" vertritt die These, dass diese Begegnung medial vermittelt stattfindet - auf besondere Weise in Spielfilmen, weil hier jüdische Figuren für das nichtjüdische Publikum als solche sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig ist die Figurengestaltung symptomatisch für ihre jeweilige Entstehungszeit. Davon ausgehend werden die Darstellungen jüdischer Spielfilmfiguren in über hundert bundesrepublikanischen Spielfilmen, Fernsehfilmen, Fernsehspielen, Reihen- und Serienepisoden untersucht, die zwischen 1948 und 2014 entstanden sind. Im Gegensatz zur bisherigen Forschung, die vor allem auf Holocaustfilme fokussierte und danach fragte, was und wie zu welchem Zeitpunkt erinnert wurde, werden hier Filme untersucht, deren Handlung nach 1945 situiert ist. Im Fokus stehen Figuren- und Konfliktkonstellationen, wiederholt auftauchende thematische Verbindungen sowie Rollenmuster, aber auch die Frage, wie die Figuren als jüdisch kodiert und damit als solche erkennbar gemacht werden. Das Buch bietet darüber hinaus eine umfangreiche Typologie jüdischer Spielfilmfiguren - vom Überlebenden bis zum jüdischen Lover. Der Anhang des Buches bereitet das umfangreiche Filmkorpus, das der Studie zugrunde liegt, mit kurzen Synopsen zu einem Nachschlagewerk jüdischer Filmfiguren im westdeutschen Kino- und Fernsehfilm auf.